Die perfekte Ergänzung

Hocheffiziente Roboterzelle mit Ensenso Stereo-3D-Kamera

Die Globalisierung macht Produkte vergleichbarer und Angebotszyklen schneller. Die Zeiten, in denen man Industriekomponenten ohne weiteres "über den Ladentisch" verkaufen konnte, sind passé. Auch im Robotikmarkt setzen sich kleinere Hersteller gegen die Marktführer langfristig nur durch hohe technische Kompetenz und Innovation in Nischensegmenten durch. Die 2D-Bildverarbeitung ist dabei schon lange keine Nische mehr. Im 3D-Bereich ändert sich die Situation. Eine 3D-Bildverarbeitungslösung in Kombination mit 6-Achs Robotik eröffnet auch kleinen und mittelständischen Unternehmen neue Möglichkeiten, sich am Markt zu etablieren. Die ALG Automaisierungslösungen GmbH mit Hauptsitz in Baden bei Wien nutzt dieses Zusammenspiel für ihre Anwendungen - beispielsweise in einer Bin Picking Roboterzelle mit integrierter Ensenso 3D-Kamera.

Der klassische "Griff in die Kiste" ist immer noch eine allgegenwärtige Herausforderung für die Robotik. Ungeordnet liegende Bauteile müssen in vielen Anwendungen zunächst aus einem Behälter entnommen, um dann in geordneter Form der Weitererarbeitung zugeführt zu werden. Dabei liegt der Fokus neben Präzision auch auf kurzen Taktzeiten und schneller Amortisierung. Vor diesem Hintergrund entwickelte ALG gemeinsam mit dem Partner Nordfels Maschinenbau GmbH eine "Griff in die Kiste"-Roboterzelle, die all das gewährleistet. Das Konzept basiert auf den hochwertigen und perfekt aufeinander abgestimmten Systemkomponenten - einem schnellen Roboter von Denso, einem leistungsstarken Industrie-PC und einer Ensenso N35 Stereo-3D-Kamera, alles in Kombination mit einer leistungsstarken Software. So kann eine Taktzeit von ca. 4 Sekunden pro Bauteil erzielt werden.

Dazu wird das 3D-Kamerasystem in der Zelle im Abstand von ca. 1 Meter über dem Behälter platziert. Die Kamera erfasst die Teile und erzeugt eine 3D-Punktewolke der von oben sichtbaren Oberflächen. Die Punktewolke kann mittels Stereo-Kameratechnologie in einer einzigen Aufnahme erzeugt werden. Dies ist im Vergleich zu Laserscanning-Systemen ein entscheidender Zeitvorteil. Über ein ausgeklügeltes „Matching-Verfahren" erkennt der Algorithmus die einzelnen Bauteile in der aufgenommenen 3D-Punktewolke.

Das Teil, das als nächstes am einfachsten und schnellsten zu greifen ist, wird ermittelt und die möglichen Greifpunkte werden identifiziert. Der Robotercontroller "entscheidet" also darüber, welches Werkstück, wann gegriffen werden soll und plant eine kollisionsfreie Bahn für den Roboterarm. Danach werden die Teile sicher entnommen und dem Folgeprozess zugeführt. Dies wird mittels Hochsprachenprogramm im C# Visual Studio unter Einbindung der Bildverarbeitungs-Bibliothek HALCON gelöst. Die direkte Schnittstelle zwischen HALCON und Denso Robotics ist an dieser Stelle von großem Vorteil. Sie erspart dem Anwender die Programmierung eigener Interfaces und erleichtert die Kommunikation zwischen Bildverarbeitung und Roboter.

Der Robotercontroller "entscheidet", welches Werkstück als nächstes gegriffen wird

Schnelle Amortisation

Durch die geschickte Wahl der Komponenten, einhergehend mit der schnellen Bilderfassung und der hohen Geschwindigkeit des Roboters, amortisiert sich das System bei entsprechender Anwendung in relativ kurzer Zeit. Im Kleinteilebereich sind im 3-Schicht-Betrieb bereits 14 Monate realisierbar. Die kompakte Form und Größe sorgt außerdem für einen geringen Platzbedarf. Gleichzeitig entlastet es Mitarbeiter von eintöniger, wiederkehrender Arbeit und schafft so gleich doppelt Raum - im wörtlichen sowie im übertragenen Sinn. Dank der durchdachten Konstruktion ist die Roboterzelle gut geschützt gegen Fremdlicht oder andere Einflüsse von außen und so stets ein zuverlässiger Helfer.

Vergleich: Auswirkungen der vorgenommenen Änderungen

Software in perfekter Synergie

Roboterarm vorbereitet für den kollisionsfreien "Griff in die Kiste"

Die 3D-Kamera überzeugte ALG als Gesamtpaket aus Hardware und zugehöriger Software. Dabei nutzen die Experten von ALG das mitgelieferte SDK für die Kalibrierung und Vorabinbetriebnahme der Kamera. Dr. Franz Eder - Leiter Robotik und Antriebstechnik bei ALG - schildert seine Erfahrungen: "Der große Nutzen des Ensenso Softwarepakets besteht in der Möglichkeit, die Kamera rasch und unkompliziert in Betrieb zu nehmen und die wichtigsten Grundeinstellungen zu tätigen. All dies geschieht stets mit dem selben Software-Tool, egal welche Kamera aus welcher Generation gerade angeschlossen ist." Gleichzeitig bieten die eingesetzten Roboter von Denso die Möglichkeit, mittels HALCON Extension Package direkt aus der HALCON Umgebung heraus zu programmieren. Auf diese Weise entstand eine perfekte Synergie zwischen Bildverarbeitungssoftware und Robotersteuerung.

Das Einlernen neuer Bauteile kann einfach und unkompliziert anhand eines CAD Modells erfolgen. Damit sind auch die Rüstzeiten überschaubar.

Ausblick

Mit geringem Platzbedarf, hoher Geschwindigkeit, einfachem Einlernen neuer Bauteile und den damit verbundenen kurzen Rüstzeiten sowie der schnellen Amortisationszeit zeigt die Zelle von ALG das enorme Potenzial von Robotern für flexible Fertigungslinien. Durch die Partnerschaft mit dem Campus Wels der Fachhochschule Oberösterreich, wo die Zelle nun für 1 Jahr im Center for Smart Manufacturing aufgestellt und betrieben wurde, soll die Kombination aus 3D-Bildverarbeitung und Robotik auch die Studenten als Fachkräfte der Zukunft begeistern. „Das Konzept der Applikation hat uns überzeugt, da Studenten schnell und einfach mit der Zelle arbeiten, neue Teile einlernen und Parameter zur Optimierung verändern können. Dies eignet sich perfekt für den Unterricht. Darüber hinaus hat der Campus Wels einen Schwerpunkt im Bereich Mechatronik und Bildverarbeitung gesetzt“, so Thomas Schichl – Leiter Automatisierungstechnik im Center for Smart Manufacturing am Campus Wels.

Durch kürzere Produktlebenszyklen und kleinere Chargenmengen müssen Automatisierungsanlagen flexibler werden. Roboterzellen erledigen monotone Arbeitsabläufe und weniger angenehme, eintönige Tätigkeiten mit Bravour, sei es der klassische "Griff in die Kiste", wie hier beschrieben, oder das roboterbasierte Entgraten von Komponenten durch den Abgleich mit CAD Modellen. Die Einsatzgebiete sind vielfältig. Durch die Kombination von 3D-Bildverarbeitung mit Technologien der Mensch-Maschinen-Kollaboration, wird der Roboter zukünftig ein sehender und zuverlässiger Unterstützer des Menschen. Dabei steuert und kontrolliert der Mensch die Fertigung, wohingegen der Roboter die körperlich anstrengenden Tätigkeiten übernimmt. Die Maschine ersetzt also den Menschen nicht, sondern ergänzt seine Fähigkeiten, z.B. durch das Heben schwerer Lasten. Als unbestechliches Auge der Maschine liefert die 3D-Bildverarbeitung auch hier die ideale Grundlage für unterschiedlichste Anwendungen. Kombiniert mit den passenden Komponenten und im Produktionsprozess effizient platziert, ist das Zusammenspiel perfekt.

Ensenso N35 - 3D-Vision, schnell und präzise