Vollautomatische, visuelle End-Of-Line-Prüfung mit KI übernimmt komplexe Kontrollen

Intelligent geprüft

Vollautomatische, visuelle End-Of-Line-Prüfung mit KI übernimmt komplexe Kontrollen

Die Anforderungen von Herstellern an Produktionsanlagen sind enorm: Sie sollen störungsfrei und kosteneffizient mit möglichst hohem Durchsatz Null-Fehler-Qualität produzieren und hochflexibel sein. Herkömmliche Qualitätsprüfungen haben jedoch oft Defizite in Punkto Zuverlässigkeit, Flexibilität und Erkennungsrate und sind verhältnismäßig teuer. Wenn Qualitätsprüfung ausschließlich durch das menschliche Auge möglich ist, besteht zudem die Gefahr, dass sie stark ermüdend, erschöpfend und damit unpräzise wird. Doch je komplexer die Prüfsituation ist, umso herausfordernder stellt sich die Qualitätssicherung dar, aber umso größer ist gleichzeitig das Einsparpotential.

Anwendung

Der Einsatz von Industriekameras zur visuellen Inspektion ist oft ein erster Schritt zur Automatisierung. Wenn dazu noch Künstliche Intelligenz ins Spiel kommt, ist eine selbstlernende, autarke 100%-Prüfung möglich. Am Beispiel der End-Of-Line-Prüfung von komplexen Baugruppen mit multiplen Prüfmerkmalen zeigt sich, wie Künstliche Intelligenz auch anspruchsvolle Situationen meistert. Das österreichische Unternehmen Nordfels GmbH hat dafür eine automatische, selbstlernende Prüfmaschine zur visuellen 100%-Prüfung von Baugruppen oder Aggregaten jeglicher Art entwickelt. Dieser "Deep-Learning-Inspektor" besteht aus einem Knick-Arm Roboter, einer intelligenten Software und einer GigE Vision Industriekamera von IDS.

Das System untersucht damit beispielsweise Verbrennungsmotoren, Getriebeeinheiten oder Feuerwehrpumpen, ebenso wie Elektro-Drivetrains, EV-Batterie-Systeme oder andere Komponenten aus der Welt der E-Mobility. Inspiziert wird alles, was aus diversen Anbauteilen, Kabeln oder Schläuchen besteht und auf Vollständigkeit und Korrektheit geprüft werden muss. Oft handelt es sich um komplizierte Bauteile mit zahlreichen, filigranen Einzelteilen. Manuell montiert ergeben Teile, die viele Merkmale aufweisen, unzählige Fehlermöglichkeiten, die es zu erfassen gilt. Kein Problem für den Deep-Learning Inspektor, der unterschiedlichste Prüflinge mit über 50 verschiedenen Parametern zuverlässig erkennt und bewertet. Und das, auch wenn es einerseits mehrdeutige Möglichkeiten der Gutteil-Situation gibt, d.h. der Artikel erfüllt genügend unterschiedliche Kriterien, um als "in Ordnung" qualifiziert zu werden. Andererseits erkennt er wiederum schlechte Teile, auch wenn es dafür keine eindeutigen Fehlerbilder gibt.

Das Anlernen erfolgt anhand von Einlern-Bildern, die konkrete IO-Situationen und NIO-Situationen (In Ordnung/Nicht in Ordnung) zeigen. Aus dem entsprechenden Bildersatz wird eine KI trainiert, mit der auch komplexe Prüfungen vollautomatisch und blitzschnell durchgeführt werden können. Das System entwickelt sich dabei stets weiter, indem neue Bilder hinzutrainiert werden. Zur Vereinfachung des Training-Prozederes der Deep-Learning Algorithmen ist das System mit einem bedienerfreundlichen User-Interface ausgestattet. Weiterer Vorteil: für jedes Produkt wird vor der Auslieferung automatisch eine Bild-Dokumentation erstellt.

Grundsätzlich besteht eine Kontrolleinheit immer aus einer Kamera inklusive Beleuchtung, montiert auf einem Roboterarm. Mit dieser Einheit wird dann Merkmal für Merkmal angefahren, fotografiert und automatisch, mittels Machine Learning, bewertet.

— Edmund Jenner-Braunschmied, CEO der Nordfels GmbH —
Setup bestehend aus einer GigE Vision Kamera von IDS inkl. Beleuchtung, montiert auf einem Roboterarm
Setup bestehend aus einer GigE Vision Kamera von IDS inkl. Beleuchtung, montiert auf einem Roboterarm

In der Praxis kommen aber auch mehrere Kontroll-Einheiten (Hand-Eye-Einheiten) innerhalb einer Prüfmaschine zum Einsatz. Ab zwei Einheiten sind verschiedene Teamwork-Funktionen einsetzbar, die eine Zusammenarbeit der Einheiten ermöglichen. Bei der "Dark-Field Teamwork-Function" ist eine Roboter-Kamera-Beleuchtungs-Einheit nur für die Beleuchtung der anderen Einheit zuständig, während die zweite Roboter-Kamera-Beleuchtungs-Einheit die Bildaufnahme macht. Diese Funktion ist dann hilfreich, wenn ein Merkmal besser mit seitlichem Licht hervorgehoben werden kann, als mit der diffusen Auflicht-Beleuchtung, die standardmäßig bei jeder Kontroll-Einheit verbaut ist.

Ein anderes Beispiel für eine mögliche Teamwork-Kollaboration ist die "Free-Sight Teamwork-Function". Hier hilft eine Roboter-Einheit der anderen, indem sie mit einem kleinen Stab störende Kabel oder Schläuche des Prüflings, die eventuell im Blickfeld der anderen Kamera-Einheit liegen können, zur Seite hält. Dadurch kann die zweite Roboter-Kamera-Einheit ungestört die Bildaufnahme machen.

Mit diesem intelligenten, flexiblen System lassen sich End-Of-Line-Prüfungen, die derzeit oft nur durch mühselige, erschöpfende Arbeitssituationen erfüllt werden, zukunftsfähig automatisieren.

Kamera

Pro System kommt je eine GigE Vision Kamera von IDS zum Einsatz. Ausschlaggebend für die Auswahl des Kameramodells waren für Nordfels neben der Schnittstelle Baugröße und Sensor. Die GV-5890SE verfügt über den Rolling-Shutter CMOS-Sensor IMX226. Der 12 Megapixel Sensor (4000 x 3000 px, Pixelgröße 1,85 µm) aus der Sony STARVIS-Reihe verfügt über eine außerordentliche Lichtempfindlichkeit bei geringem Rauschen und eine Bildrate von 10 fps bei voller Auflösung. Die Stromversorgung über Ethernet ermöglicht den Einkabel-Betrieb bis zu 100 Metern. Dank der BSI-Technologie („back-side-illumination“) des Sensors ist die Kamera prädestiniert für Aufgaben, die ein perfektes Ergebnis selbst bei schwachen Lichtverhältnissen erfordern, so dass der EOL Inspektor auch ohne die oben genannte "Dark-Field Teamwork Funktion" gute Ergebnisse erzielt.

Die Kontrolleinheit fotografiert und bewertet Merkmal für Merkmal (Fotos: Zeidler G):

"Die uEye Kamera wird sehr vielseitig eingesetzt. Viele Merkmale können mit klassischen Graustufenbildern, wie man sie aus der industriellen Bildverarbeitung kennt, überprüft werden. Es gibt aber auch Merkmale, bei denen die Farbinformation eine wichtige Rolle spielt. Dann werden die Fotos im Color-Mode getriggert. Darüber hinaus verfügt eine Kamera-Einheit über unterschiedliche Beleuchtungs-Farben, sodass stets optimale Bedingungen für die Bildaufnahme geschaffen werden können", so Edmund Jenner-Braunschmied. Auch OCR-Lesung sowie Code-Lesung, wie beispielsweise 2D-Codes oder DataMatrix-Codes, sind mit diesem Aufbau möglich. Die OCR-Erkennung erfolgt ebenfalls mit Deep-Learning, das Code-Lesen hingegen mit klassischer Bildverarbeitung.

Ausblick

Der Markt für Bildverarbeitung speziell in Verbindung mit Robotik wächst unaufhaltsam in den unterschiedlichsten Branchen. Diesem Trend sieht sich auch Nordfels gegenüber. "Ob Handling- oder Prüfmaschinen, die Kombinationen und Einsatzmöglichkeiten sind vielfältig", bestätigt Jenner. Dazu kommen die neuen Möglichkeiten durch Deep-Learning bzw. Machine-Learning. "Es ergibt sich ein technisches Spielfeld, das zwar unendlich viele Möglichkeiten bietet, aber auch sehr großes Fachwissen und multidisziplinäre Kompetenzen erfordert, um Systeme zu entwickeln, die dann schlussendlich in der Produktion einfach bedienbar sind und mit höchster Prozesssicherheit laufen." Diesen Herausforderungen stellen sich innovative Systemintegratoren und Maschinenbauer wie Nordfels und zukunftsorientierte Kamerahersteller wie IDS gleichermaßen.

GigE Vision Kamera aus der uEye SE-Familie

Nordfels GmbH